Nach einer Nacht in
Schottland habe ich endlich den Weg nach Irland gefunden. Besser
gesagt die Fähre von Cairnryan nach Larne in Nordirland. Der Weg zur
Fähre führte mich durch den Galloway Forest Park mit einer
geplanten Fahrzeit von ca. 2 Stunden. Da ich es liebe gewisse
Schilder, welche auf eine gesperrte Straße hinweisen zu ignorieren
fuhr ich einfach weiter in den Park hinein um direkt vor der
Baustelle einfach mal rechts abzubiegen. Was soll ich sagen, die
Straße wurde zwar kleiner dafür wurde die Aussicht über den Park
um so schöner und führte mich mit nur 30 Minuten Verspätung zu
meiner Fähre. Inbegriffen war auch das kurze Frühstück bei David´s
Snack Bar an der Küstenstraße. Geschmacklich besser und weitaus
schneller im Vergleich zu vielen verschiedenen Fastfood-Ketten. Vor
der Fährfahrt lernte ich schon im Autodeck Karen und Paul aus
Glasgow kennen, wir fuhren gemeinsam auf die Fähre und plauderten
während der 2 Stunden überfahrt nach Larne. Wir unterhielten uns
viel über die Motorradstraßenrennen in Nordirland, über die
verschiedensten Küstenstraßen und was ich nicht alles sehen müsste.
Wir hatten nicht nur die selben Interessen sondern auch fast das
selbe Tagesziel und so fuhren wir gemeinsam an der Causeway Coastal
Route bis nach Bushmills entlang. Eine wirklich schöne Tour welche
fast die ganze Zeit am Wasser entlang führte.
Die meisten kennen
Bushmills auf Grund des Whiskys und auch ich wollte mir die
Herstellung des feinen Tropfens anschauen, doch aufgrund von
Wartungsarbeiten in diesem Monat wurden keine kompletten Führungen
garantiert und ich entschied mich für eine reine Tagestour um
Bushmills.
Erster Stopp war an der Carrick-a-Rede,
eine Seilbrücke welche zu einer unbewohnten Insel führt. Früher
bauten Fischer diese Brücke um besser zu ihren Angelplätzen zu
gelangen, da dieses Gebiet besonders beliebt zum Lachsfischen war.
Von dort aus wollte ich mir die Dark Hedges anschauen, aber die
Straße war für Fahrzeuge gesperrt und völlig überlaufen. Rasch
fuhr ich weiter und steuerte Ballymoney an. Ich besuchte Joey´s
Bar und den Gedenkpark von den Straßenrennlegenden Joey und Robert
Dunlop. Sie haben zahlreiche Titel bei diversen gefährlichen
Straßenrennen gewonnen zu dennen die "North West 200",
"Ulster GP" und natürlich die "Isle of Man T.T."
gehören. An Joey´s Statue lagen Blumen und ich habe mir erst nicht
viel dabei gedacht und noch überlegt ob ich nicht mein Motorrad für
ein Foto neben Joey´s stellen sollte. Doch an Roberts Statue lag ein
großer Kreis aus Blumen, Bildern, Briefen und ein Ballon mit der
Nummer 6. Ich schaute mir verschiedene Texte an und musste leider
feststellen, dass all die Blumen William Dunlop galten der am 7. Juli
in Folge eines Trainingunfalls verstarb. Ich setzte mich hin und
schaute zu wie immer wieder Trauernde von Jung bis Alt, vielleicht
Fans, Bekannte oder Freunde weitere Blumen und Bilder niederlegten.
Dieser Ort ist zu einer Gedenkstätte von zwei Brüdern und einem
Sohn geworden. Bei dem Gedanken lief es mir kalt den Rücken herunter
obwohl ich von diesen Menschen vorher noch nicht wirklich was gehört
habe. Ich verließ ein wenig in Gedanken die Stadt, besuchte den Park
Downhill und fuhr ein wenig am Benone Beach entlang. So kam ich
wieder auf andere Gedanken und auch meine "Süße" durfte
ihre Füße ein wenig in den Sand stecken. Sie heißt seit kurzem
"Ohnezahn", quasi die weibliche Form in Bezug auf den Film
"Drachenzähmen leicht gemacht".
Die Tage in Bushmills
waren wirklich schön und am nächsten Tag folgte das Irische Wetter.
Morgens Nass und am Nachmittag auch mal wieder Sonnig und Bewölkt im
Wechsel. Ganz nach dem Motto: „Es gibt kein schlechtes Wetter, es
gibt nur schlechte Kleidung.“, fuhr ich weiter an der Küste
entlang nach Sligo. Ich hoffte irgendwo im Hostel noch ein letztes
Bett ab zugreifen und fragte mich durch. „Sorry, we´re fully
booked.“ war die Antwort des Abends, welche mich weiter nach
Strandhill führte. Ein Ferien-Hotspot für Surfer in dem ich
zumindest noch ein Einzelzimmer im Hostel für 50 € bekommen habe.
Ein kleines Zimmer, ein Bad für 8 Doppel-/ Einzelzimmer und ein
minimalistisches Frühstück wurden mir geboten. Das ist der Preis
den man halt spontan an einem Freitagabend um 20 Uhr zahlen musste
und konnte dafür meine Pizza sowie ein paar Pints in Gesellschaft
diverser Surfer und Livemusik genießen.
Der nächste Tag spielte
Wettertechnisch wesentlich besser mit bis ich am Keem Bay bei totalem
Nebel angekommen bin. Bei gutem Wetter ist dieser Strand sicherlich
ein Augenschmaus und auch der Weg an der Klippenstraße entlang des
Croaghaun Mountain muss ohne Nebel der Hammer sein. Aber man kann ja
nicht alles haben. Damit ich zumindest ein kleines Highlight auf
meiner Strecke erleben durfte, bin ich durch Zufall auf Jim gestoßen.
Er grillte hinter einem Restaurant ein Schwein über einem Kohle- und
Torffeuer für eine Hochzeit. Ich zeigte ihm auf meinem Handy ein
paar Bilder von meinem Grill und wir philosophierten ein wenig über
die Grilltechniken. Wir mussten schon ein bisschen über dieses
Internationale-Schweinegriller-Treffen schmunzeln und wir
verabschiedeten uns mit einem festen Handschlag, als wenn wir uns
schon seit Ewigkeiten kennen würden.
Ach da war ja noch was.
Zur Mittagszeit nutzte ich eine kurze Pause um meinem Kumpel Michi
einen kurzen Bericht bezüglich meiner Reifen zu geben. Und wie
sollte es anders kommen? Eine knappe Stunde später hatte ich ein
kleines Loch im Hinterreifen. Keine Ahnung woher. Vielleicht war es
irgendein spitzer Gegenstand auf der Straße oder einfach nur ein
spitzer Stein auf Irlands rauen Straßen. Im Gegensatz zu meiner
Panne in Polen gab es diesmal keinen Knall und ich merkte erst spät
durch schwammiges Lenken das mir langsam die Luft ausgegangen ist.
Also hielt ich zum Glück an einer Tankstelle schrieb Michi eine
Nachricht, flickte meinen Reifen, gönnte mir ein Eis und fuhr weiter
in Richtung Westport. Vielleicht war Ohnezahn ein wenig böse, dass
sie vorne mit einem neuen und hinten mit einem ca. 2000 km alten
Schuh rumlaufen muss. Ich weiß es nicht, doch so schnell gibt es
jetzt keinen neuen Schuh.
In Murrisk bei Westport
habe ich ein super Hostel gefunden. Es liegt am Fuße des Croagh
Patrick und ca. 8 km von Westport entfernt. Es war Samstagabend und
die anliegenden Pub´s nicht wirklich toll. Per Anhalter bin ich mit
einem Soldaten nach Westport gefahren und wurde direkt vor seinem
Lieblingspub raus gelassen. Der Pub war wirklich ein guter Tipp. Im
vorderen Bereich der Bar wurde traditionelle, akustische, irische
Musik gespielt und im etwas zurückgelegenen Raum feierte ich mit
anderen Gästen aus dem Hostel zu typischen Kneipenhits zweier
Musiker bis um 2 Uhr bis auch dort das Licht aus ging. Taxen waren um
diese Uhrzeit rar geworden und ich entschloss mich zurück zu
trampen. Nach geschlagenen 5 km wurde ich auch endlich wieder mit
genommen. Gefühlt schon wieder Nüchtern und mit 3 km Reisetipps für
die Gegend fiel ich mal wieder Müde in mein Bett. Doch auch der
nächste Tag sollte kein kleiner Spaziergang werden. Und so bestieg
ich den Croagh Patrick mit Alina aus Essen und Jessica aus
Minnesota. Wir trafen uns durch Zufall auf den ersten Metern des
Wanderweges. Da die Strecke mit über 4 km und einem Höhenunterschied
von über 750m langweilig werden könnte habe ich die beiden gleich
mal angesprochen so wie es hier gefühlt jeder Ire machen würde. Die
Zeit verging mit ausschließlich englischen Unterhaltungen fast wie
im Flug. Der erste Teil des Aufstiegs hatte schon ein wenig was von
„Wanderklettern“ und bei wehendem Wind, Sonnenschein, Nebel und
leichten Nieselregen erreichten wir die zweite Passage. Ab da an
Kletterten wir gefühlt nur noch auf einem Steinbrockenweg nach oben
und wir fragten uns zwischendurch ob wir noch auf dem richtigen Weg
waren. Vor uns Nebel, hinter uns Nebel und ab und zu keine Personen
mehr zu sehen oder zu hören. Auf unserer Haut bildete sich eine
Schicht aus Wassertropfen, während von der Seite der Wind warme Luft
nach oben pustete. Als sich der Nebel wieder ein wenig legte sahen
wir auch wieder andere Verrückte die uns entgegen kamen. Es konnte
also nicht mehr Weit sein und wir haben es tatsächlich nach knapp 2
Stunden geschafft den Pilgerweg zu erklimmen und von der Spitze des
Berges auf die kleinen Inseln vor Westport zu blicken. Sichtlich
angestrengt doch überglücklich legten wir eine Pause ein, genossen
den Ausblick während die Schafe anderen Besuchern das Essen klauen
wollten und ließen uns den Wind über den Wolken um die Ohren
pfeifen. Auf dem steilen Weg nach unten entdeckten wir noch einen
älteren Mann der laut Hörensagen jedes Jahr diesen Berg erklimmt –
Barfuß, 78 Jahre alt und schon über 50 mal oben gewesen. Einfach
Wahnsinn und die Gesichter anderer Wandere, welche uns entgegen kamen
waren unbezahlbar als sie ihn gesehen haben.
Durchgeschwitzt, mit einem
Sonnenbrand in Gesicht und Nacken, qualmenden Füßen und einem
knurrenden Magen ging ich noch mit meinen Begleiterinnen etwas Essen
bevor sie sich wieder auf den Weg nach Galway zum Uni-Klinikum
machten – Was hätte auf dem steilen Weg schon schief gehen sollen
wenn man zwei Medizinstudentinnen im Gepäck hat. ;)
Nach so vielen Erlebnissen
und müden Beinen blieb ich heute einfach mal im Hostel und habe mir
das graue Wetter von drinnen angeguckt, während ich meinen Bericht
geschrieben und Musik gehört habe.
Ein schöner Tag zum Entspannen -
auch das muss sein.