Die Westküste bis zum Ring of Kerry - Two wheels one life

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Die Westküste bis zum Ring of Kerry

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Vom Croagh Patrick führte mich mein Weg weiter an der Westküste entlang, durch die Connemara Mountains, durch Galway, durch die Burren und letztendlich nach Doolin an den Cliffs of Moher.
Nach dem ich die Berge durchfahren habe und den Lachsen beim Springen im Fluss zugesehen habe erreichte ich Galway. Ich hatte viel über Galway gehört und um so neugieriger war ich. Ich stellte mein Motorrad direkt vor der Fußgängerzone ab und schlenderte durch die Innenstadt, welche eine große Bühne für diverse Musiker bot. An jeder Ecke konnte man die verschiedensten Musikrichtungen auf sich wirken lassen und auch ich nahm mir für diesen Spaziergang ein wenig mehr Zeit und genoss in aller Gelassenheit die tiefsinnigen Sängerinnen bis hin zur irischen Gruppe mit Stepptanz-Vorführung. Leider war zu dieser Zeit ein Festival und am Wochenende ein Pferderennen weshalb ein Zimmer nur für horrenden Summen zu buchen war und ich meinen Weg im besten Sonnenschein durch die Burren nach Doolin fortführte.
Angekommen drehte ich im Hafen eine kurze Runde und entdeckte den anliegenden Campingplatz – gemacht um mein Zelt auszuprobieren und in unmittelbarer Nähe zum Meer. Ich suchte mir eine schöne Ecke aus und fing an mein Zelt aufzubauen.
Bodenplane positionieren, Stangen zusammenstecken, einfädeln und schon stand das Zelt bezugsbereit da. Ich packte meine Isomatte, Kopfkissen und Schlafsack aus. Legte meine nötigsten Sachen in das Zelt und wollte zum „Richtfest“ ein kühles Bier in der Sonne trinken. Ahnungslos ging ich zum Kiosk und suchte vergeblich im Kühlschrank nach einem Guinness oder ähnlichem. Cola, Cola, Fanta, Fanta, 7Up, 7Up, Energiedrinks, Wasser, Saft, Milch und siehe da – diverse Weine. Es war also doch kein alkoholfreier Kiosk und ich fragte lieber noch einmal nach einem Bier in der Hoffnung, dass sie vielleicht einen geheimen Bierkeller haben. Doch auch das war leider nicht der Fall und er schlug mir vor ich könnte ca. 15 Minuten zum Pub gehen und mir dort ein Bier zum Mitnehmen zapfen lassen. „Ja ,Ne ist klar. Wie viele Pints soll ich den tragen damit überhaupt einer davon am Zelt ankommt.“, dachte ich mir und griff zu einem Weißwein. Dazu gönnte mir noch einen „edlen“ Kaffee-To-Go Becher. Natürlich rein anstandshalber, man hat ja eine gewisse Erziehung genossen und trinkt den Wein nicht aus der Flasche – zumindest den ersten Becher. Selten so gelacht.

Das Richtfest war vollzogen und ich sehnte mich noch nach einer gemütlichen Feierabendrunde mit Musik im Pub. Das in einem Pub ein bis fünf Personen musizieren ist nichts ungewöhnliches doch an diesem Abend wurde einem weit aus mehr geboten. Als erstes sang ein älterer Herr, mit nur noch einem Bein, über seine Erlebnisse aus Kriegszeiten. Nach seinem Auftritt wechselte er mit einem großartigen Applaus an die Bar und überließ zwei jungen Mädchen aus dem Publikum die Tanzfläche um zur Musik der ursprünglich auftretenden Band zu tanzen – Stepptanz versteht sich. In der Zwischenzeit unterhielt ich mich mit Vikki, meiner Sitznachbarin aus Kanada über ihren Job als Turbinen Aerodynamikerin. Unser Gespräch wurde aber ganz schnell unterbrochen als der ganze Pub von ca. 50 Leuten aufgefordert wurde still zu sein. Kein Pieps war mehr zu hören und vor uns saß eine junge Frau mit einer feinen Stimme. Sie sang leise doch mit beeindruckend klarer Stimme. Es traute sich niemand mehr nur irgendetwas zu sagen. Danach legte ihr Vater, ihre Mutter und deren Sitznachbarin noch jeweils ein zwei Stücke nach und so bekamen wir ein Konzert aus dem Publikum. Solo´s, Duett und sogar noch ein Terzett mit Gänsehautfaktor. Man hätte denken können es wäre alles nur Show, aber in diesem Pub in Irland schien es Gang und Gebe zu sein und so verließen alle nach der „Last Order“ den Pub in die verschiedensten Richtungen. Ein Abend der Pub-Superlative.

Da ich die Cliffs of Moher im November letzten Jahres schon von oben gesehen hatte entschloss ich mich zusammen mit Vikki eine Bootstour zu den über 200 Meter hohen Klippen zu machen. Die Wellen ließen das Boot ordentlich schaukeln und zwar so sehr, dass der ein oder andere Passagier eine Plastiktüte brauchte. Trotz alledem genossen wir bei einem Sonne-Wolken-Wind-Mix den beeindruckenden Blick auf die Klippen und verbrachten noch den restlichen Tag an der Küste von Doolin bevor ich meine Sachen packte und mich auf den Weg nach Killarney machte.  
Dingel und die Gab of Dunloe
    
Mein Flicken im Reifen fing an mir Sorgen zu bereiten denn ich verlor über Nacht 1 Bar Druck auf dem Hinterrad. Die Wolken zeigten mir an diesem Tag was so alles in ihnen steckt und ich hielt es für sinnvoll lieber schon an diesem Donnerstag nach einer geeigneten Werkstatt Ausschau zu halten. Bei Mark Coyne´s gleichnamiger Autoreifenwerkstatt hätte ich fast Glück gehabt. Er bot mir seinen Reifen für sein Motorrad an doch leider entsprach dieser nicht meinen Anforderungen und er fing an zu telefonieren. Er schickte mich zu einer Werkstatt in das 20 Minuten entfernte Tralee. Ich betrat die vermeindliche Rasenmäher, Kettensägen usw. Werkstatt in der aber auch ein vollwertiger Motorradhandel inkl. Werkstatt seinen Platz fand. Die Jungs von O´Neills Power Equipment waren schon informiert und vorbereitet. Sie fragten ob ich von Mark komme, drückten mir einen Kaffee in die Hand und eh ich mich versah stand mein Motorrad schon auf der Hebebühne und sie wollten wissen welchen Reifen ich den haben möchte. Wahnsinn, was für ein fixer Service und so saß ich nach ca. 45 Minuten zur Mittagszeit schon wieder auf dem Bock. Um den Reifen ein wenig einzufahren nutzt ich das beste Regenwetter und suchte mir eine kleine Runde um die Stadt Dingel und zurück nach Killarney durch die Gab of Dunloe aus.  In Dunloe angekommen hörte der Regen zeitweise auf und die Berge boten mir ein wunderschönes Naturschauspiel, da sich überall kleine Sturzbäche und Wasserfälle den Weg nach unten bahnten. Ich machte ein paar Fotos von der Landschaft, den bunten Schafen und meinem Motorrad. Ich liebte die Gegend und fuhr genüßlich weiter und bog nach Rechts ab wo ich im Berg einen Wasserfall entdeckte. Die Straße war natürlich eine Sackgasse zu dem Wasserfall und dementsprechen wurde aus der Straße eine Einspurstraße, einn Feldweg mit Grünstreifen und später ein reiner Schotterweg. Während ich die Straße fuhr musste ich an meine heimischen Motorradtourbegleiter denken. Wären sie dabei gewesen wären sicherlich so Sprüche gekommen wie: "Was stimmt mit dir nicht?", "War ja klar, dass du wieder die kleinsten Straßen Irlands fahren musst!" oder "Ach Andi, was wäre eine Tour ohne deine kleinen Überraschungen?". Ich musste in Gedanken an sie schmunzeln und wendete am Ende der Straße mein Motorrad zwischen ein zwei Schafen und Steinmauern. Den Wasserfall und einen kleinen See habe ich gefunden. Meine Mission war somit beendet und ich fuhr das letzte Stück auf der berühmten Straße "Ring of Kerry" wo tatsächlich 100km/h auf der kurvigen Strecke erlaubt waren – kaum zu glauben aber Wahr. Mit eingefahrenen Reifen bin ich wieder in Killarney angekommen und musste mein Motorrad ersteinmal waschen, da es aussah wie Scheiße. Naja das meiste war leider Schafsscheiße.
    
Zwei weitere Tage fuhr ich noch die Runde auf dem Ring of Kerry, über Passstraßen, besuchte ein Oldtimer-Museum und die Mizen Head Signal Station. Den erste Tag leider wieder bei Regen doch die Straßen waren der Hammer, leer und gegen den Uhrzeigersinn hatte ich auch nur wenig Verkehr auf meiner Spur. Es ging am Wasser, an Schluchten oder auch an Felswänden entlang. Manche Straßen waren wie geleckt und andere wiederum Grob mit aufreißenden Asphaltdecken aber weiter griffig. Mein Fahrwerk musste bei den ganzen Kurven, Bodenwellen und schnellen Richtungswechseln richtig Arbeiten. Ich fuhr die Kurven immer mehr wie meine Hausstrecke und merkte wie ich immer schneller wurde, wo ich doch einen Tag zu vor noch skeptisch über das 100km/h Schild gelacht hatte. Ich musste mich immer wieder selber bremsen egal ob die Straßen trocken oder nass waren, wäre ich am liebsten nicht mehr abgestiegen und verstand nun aus eigener Erfahrung was die Iren so an ihren Straßenrennen liebten. Man fährt nicht einfach nur auf einer feinst präparierten Rennstrecke im Kreis auf der du dich überwiegend auf die Kurven und den richtigen Bremspunkt konzentrieren musst. Auf diesen Straßen reichten bei 100km/h schon leichte Bodenwellen auf der Geraden oder in Kurven aus um dem Magen das Gefühl einer Achterbahnfahrt zu vermitteln. Es geht hoch und runter egal ob vor, nach oder in einer Kurve. Man muss Wahnsinnig sein um diese Straßen noch schneller zu fahren doch es machte süchtig und ich entschied für mich, dass ich dringend weg aus dieser Gegend musste bevor ich diese Straßen noch in eine Rennstrecke verwandelt hätte und womöglich noch etwas schief läuft. Ich stellte Ohnezahn wieder am Hostel ab und beendete den Samstagabend heil und in Gedanken an die Straßen mit einer Pubtour in Killarney.  
    
Wie sagt man so schön: „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.“

Dublin, 01.08.18


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